Allgemeine Angaben:
● Ort: Pötschachgasse1 Kapenberg 8605
● Datum & Uhrzeit: 04.10.2025 um 10:00 Uhr bis 17 Uhr
● Anzahl Teilnehmerinnen:17
● Anwesende Dolmetscherinnen (Sprachen): Deutsch, Dari/Farsi
● Veranstaltende Organisation: Afghanischer Kulturverein AKIS in zusammen Arbeit mit Österreicher Sozialministerium
Durchführung:
● Workshopleiterin: Tamana AYOBI
● Stellvertretung: Sara Hashemi
● Expertin EFL Beratungsstelle Aufleben (Inhalte, zentrale Aussagen): Anna-Maria Jurik, Ehe- und Familienberaterin, Lebens-und Sozialberaterin, EFL Beratungsstelle Aufleben,
● Expertin Mag.a Maria Rösslhumer. Ausgebildete StoP-Koordinatorin, StoP-Expertin Trainerin Beraterin und beauftragte Koordinatorin in Österreich (Inhalte, zentrale Aussagen)
● Wurde Kinderbetreuung benötigt? Wenn ja für wie viele Kinder: 9
Workshopinhalte & Verlauf (kurze Beschreibung + Einschätzung):
● Vorstellung / Einführung:
Bis alle Teilnehmerinnen eingetroffen waren, erläuterten zwei Mitarbeiterinnen des Vereins den Damen die geltenden Verschwiegenheits- und Datenschutzbestimmungen. Sie wiesen darauf hin, die zuvor gemeinsam ausgefüllten Formulare zu unterschreiben. Einige Teilnehmerinnen trafen mit Verspätung ein.
Der Workshop begann mit einer Begrüßungsrede des Obmanns, Herrn Ghousuddin Mir. Danach wurden die Teilnehmerinnen auch von weiteren Vereinsmitarbeiterinnen herzlich willkommen geheißen. Gemeinsam mit seinem Team stellte Herr Mir den Ablauf des Tages vor und gab den Frauen die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
● Kennenlernrunde & Erwartungen:
Im weiteren Verlauf äußerten die anwesenden Frauen den Wunsch nach einem vertiefenden Vortrag zum Thema Gewalt – insbesondere darüber, was genau unter Gewalt zu verstehen ist, welche Hilfsangebote es gibt und welche Verhaltensweisen in einer Partnerschaft als akzeptabel oder nicht akzeptabel gelten. Zudem betonten sie die Bedeutung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern.
Darüber hinaus sprachen sich die Teilnehmerinnen für verpflichtende Workshops für Männer zum Thema häusliche und partnerschaftliche Gewalt aus. Eine Teilnehmerin stellte die Frage, ob es – im Sinne echter Gleichberechtigung – auch Anlaufstellen für Männergibt, die selbst von häuslicher Gewalt betroffen sind.
● Vortrag AMS / Bildung & Beruf:
Die Vortragsreihe begann mit dem Beitrag von Tamana Ayobi, die sich und ihre Arbeit vorstellte. Frau Ayobi ist Psychosoziale Beraterin, Lebens- und Sozialberaterin, Trainerin und Coach mit langjähriger Erfahrung in der Flüchtlingsberatung, Betreuung sowie als Berufs- und Bildungsberaterin. Derzeit arbeitet sie im AMS-Kontext als Beraterin in einem Projekt für langzeitarbeitslose Frauen.
In ihrem Vortrag erläuterte Frau Ayobi das Thema des Workshops und sprach über gegenseitigen Respekt, das Aussprechenlassen sowie die Bedeutung der Verschwiegenheit. Sie erklärte das Thema „Gewalt und Extremismus“, ging darauf ein, warum Menschen zu Gewalt greifen, und zeigte Wege auf, wie sich Frauen durch Bildung und Aufklärung sowohl selbst als auch ihre Kinder vor Extremismus und Gewalt schützen können. Sie machte deutlich, dass ständige Konflikte und Gewalt in der Familie dazu führen können, dass Kinder in extremen Gruppen Trost und Zugehörigkeit suchen. Zudem riet sie den Teilnehmerinnen, bei Problemen professionelle Hilfe oder Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen, und leitete über zur nächsten Gastreferentin.
Besonders beeindruckt waren die Teilnehmerinnen von der Vorbildfunktion Frau Ayobis, die selbst aus Afghanistan stammt. Ihr persönlicher Hintergrund weckte großes Interesse, und es wurden zahlreiche Fragen gestellt. Viele Frauen äußerten den Wunsch nach Deutsch- und Basisbildungskursen für gering alphabetisierte Frauen sowie nach Bildungsberatung in der Erstsprache, um sich beruflich neu zu orientieren.
● Vortrag EFL Beratungsstelle Aufleben (Inhalte, zentrale Aussagen):
Frau Anna-Maria Jurik, Familien-, Ehe- und Erziehungsberaterin sowie Lebens- und Sozialberaterin bei der Beratungsstelle Aufleben – Ehe-, Familien- und Lebensberatung, war als Gastreferentin eingeladen. Sie stellte sich, ihre Arbeit und die Beratungsstelle vor und erklärte, mit welchen Anliegen und Problemen sich Menschen an sie wenden können. Dabei sprach sie verschiedene psychosoziale Themen an, erläuterte deren Entstehung und zeigte Wege auf, wie man ihnen präventiv begegnen kann.
Bereits während ihres Vortrags kam es zu Rückmeldungen und Terminanfragen. Eine Teilnehmerin teilte eine persönliche Erfahrung aus der Vergangenheit, bei der sie schwere Belastungen erlebte, die sie lange verdrängt hatte. Sie gestand, dass sie nun erkenne, professionelle Unterstützung zu benötigen, und bedankte sich für den Vortrag, der sie zu diesem Schritt motiviert habe.
Frau Jurik betonte, dass Probleme wie Gewalt, Einsamkeit, Jobverlust, Existenzängste, Erziehungsfragen, Trennung, Überforderung oder Trauer jeden Menschen treffen können – unabhängig von Herkunft oder Religion. Sie hob hervor, dass es völlig legitim und wichtig sei, sich in solchen Situationen professionelle Hilfe zu holen, und ermutigte die Frauen, dies selbst zu tun oder anderen Betroffenen Mut zu machen, Unterstützung anzunehmen.
● Vortrag Frauenhäuser (Häusliche Gewalt, Schutzmaßnahmen):
Frau Mag.a Maria Rösslhummer von der Initiative STOP – Stadtteil ohne Partnergewalt leitete den Workshop als Expertin. Nach einer kurzen Vorstellung und Erläuterung des Ablaufs erklärte sie den Unterschied zwischen psychischer und physischer Gewalt und betonte, dass jede Form von Gewalt inakzeptabel ist. Sie forderte die Teilnehmerinnen auf, bei Gewalterfahrungen frühzeitig Hilfe zu suchen und sich an Vertrauenspersonen oder die Polizei zu wenden. Zudem stellte sie die Angebote der Frauenhäuser vor, die sowohl Schutz als auch telefonische Beratung bieten – auch für Frauen, die ihr Zuhause noch nicht verlassen können.
Frau Rösslhummer wies darauf hin, dass Gewalt in allen Gemeinschaften vorkommen kann, unabhängig von Herkunft oder Religion. Sie erklärte, wie man reagieren sollte, wenn man Gewalt in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis wahrnimmt, und ermutigte dazu, Betroffene zu unterstützen. Als sich einige Teilnehmerinnen zu persönlichen Erfahrungen äußerten, erinnerte sie an die Verschwiegenheitspflicht, um einen geschützten Raum zu gewährleisten.
Zum Abschluss leitete sie eine Übung zum Thema Gewalt, bei der sie die Frage stellte: „Was ist für mich Gewalt?“ – eine Reflexionsanregung, die den Teilnehmerinnen helfen sollte, sich bewusst mit dem Thema auseinanderzusetzen.
● Schritte im Notfall / Notrufnummern verteilt:
Den Teilnehmerinnen wurde nahegebracht, dass es in ganz Österreich zahlreiche Frauenhäuser gibt, die umfassende Unterstützung und Schutz für Betroffene anbieten. Dabei wurde besonders hervorgehoben, dass es keineswegs beschämend ist, sich gegen Gewalt in der Partnerschaft zu wehren. Zudem wurde die Hotline der Frauenhäuser vorgestellt, um den Zugang zu Beratung und Hilfe zu erleichtern. Die Frauen erfuhren, dass Frauenhäuser nicht nur telefonische Beratung, sondern auch aufsuchende Unterstützung leisten. Darüber hinaus wurden sie ausdrücklich darauf hingewiesen, im Falle einer akuten Gefahr sofort die Polizei zu verständigen.
Abschließend erhielten die Teilnehmerinnen Flyer und Informationsmaterialien, die sie zur weiteren Nutzung mitnehmen konnten.
● Interaktive Diskussion (Fragen, Themen, Dynamik):
Während des Workshops entstanden viele interessante Fragen und persönliche Erfahrungen zum Thema Gewalt. Die Teilnehmerinnen fühlten sich wohl in dem geschützten und sicheren Rahmen, um offen über ihre Erlebnisse zu sprechen. Zudem wurde kollektiv Dankbarkeit für das Angebot dieses Workshops und die Möglichkeit ausgedrückt, sich in der Muttersprache mit dem Thema auseinanderzusetzen. Es wurde der Wunsch nach mehr Freizeitaktivitäten, spezielleren Workshops für Frauen und einer Fortsetzung des jetzigen Workshops in der gleichen Gruppe geäußert. Eine Teilnehmerin betonte, dass es nicht sein könne, dass nur Frauen sich weiterbilden und aufklären lassen; es sollten auch Workshops für Männer angeboten werden. Sie fragte, warum es keine Aggressionsmanagement- und Gewaltpräventionskurse für Männer gibt, wo diese Formate dringend benötigt würden.
● Erfahrungsaustausch (zentrale Punkte / Emotionen):
Eine Teilnehmerin schilderte unter Tränen, dass ihr Mann sie mitten in der Nacht nach einem Streit aus der gemeinsamen Wohnung geworfen habe. Da sie sich schämte, zu dieser Uhrzeit zu Bekannten zu gehen, verbrachte sie die Nacht draußen in der Kälte. Am nächsten Tag kehrte sie – ihren kleinen Kindern zuliebe – nach Hause zurück und entschuldigte sich bei ihrem Mann, nur um wieder bei ihrer Familie leben zu können und die Kinder nicht zu verlieren.
Insgesamt herrschte eine vertrauensvolle und respektvolle Atmosphäre, die den Frauen ermöglichte, offen Fragen zu stellen und sich ernst genommen zu fühlen. In diesem Zusammenhang erinnerte die Workshop-Leiterin nochmals an die Verschwiegenheitspflicht, um den geschützten Rahmen zu wahren.
Eine andere Teilnehmerin berichtete zudem von einem tragischen Fall, bei dem die Polizei die Beschwerden ihrer Freundin nicht ernst genommen habe – woraufhin diese von ihrem Ehemann vor den Augen ihrer drei Kinder getötet wurde.
● Unterhaltung (welches Programm, wie wurde es aufgenommen):
● Gemeinsames Essen (Stimmung, Beteiligung):
Während der ersten Pause wurde ein reichhaltiges Frühstück mit belegten Käsesemmeln, frischem Obst, Mineralwasser und Tee serviert. Um 13 Uhr fand eine Mittagspause statt, bei der traditionell afghanisches Essen angeboten wurde, was bei Expertinnen und Teilnehmerinnen auf große Freude stieß.
Eine kulinarische Auszeit zum Abschluss eines so bewegenden Workshops tut stets gut.
● Feedbackrunde (Zitate, Rückmeldungen, Kritik, Lob):
Zum Abschluss des Workshops erhielten alle Teilnehmerinnen einen Feedbackbogen, den sie sorgfältig ausfüllten. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv: Die Frauen zeigten große Zufriedenheit, bedankten sich mehrfach für die Möglichkeit, heute Neues zu lernen, und freuten sich über die gemeinsame Zeit mit anderen Frauen. Besonders hervorgehoben wurden der reibungslose Ablauf des Workshops, die einfühlsame Sorge um das Wohl der Teilnehmerinnen sowie die geschaffene vertrauensvolle und sichere Atmosphäre. Zudem wurde ausdrücklich die klare und verständliche Abgrenzung zwischen Streit und Gewalt gelobt, die vielen Teilnehmerinnen neue Einsichten bot.
Besonders geäußert wurden folgende Wünsche:
● Freizeitangebote speziell für Frauen
● Bildungsberatung in der jeweiligen Erstsprache
● Erklärung von Ausbildungsmöglichkeiten in der Muttersprache
● Möglichkeiten zur Fortsetzung der Schulbildung für Frauen, die sehr jung heiraten mussten und ihre Schule nicht abschließen konnten
● Tanzkurse für Frauen
● Kurse zu Aggressionsmanagement und Gewaltprävention für Männer
● Verpflichtende Veranstaltungen für Männer
Teilnehmerinnenperspektive:
● Erwartungen und Wünsche zu Beginn:
Die Erwartungen der Frauen an den Workshop bestanden darin, mehr über das Thema Gewalt zu erfahren und zu lernen, wo sie Hilfe erhalten können. Sie wollten zudem wissen, wie sie anderen Betroffenen Unterstützung bieten und wie sie Kinder vor Extremismus schützen können, der durch die sozialen Medien verbreitet wird.
● Wichtige Fragen oder Themen aus der Gruppe:
Ein zentrales Thema war die Frage, ob psychische Gewalt ebenfalls eine Form von Gewalt darstellt. Dabei wurde betont, dass eine Frau sich niemals von gesellschaftlichen Erwartungen oder Druck beeinflussen lassen sollte. Hilfe in Anspruch zu nehmen, wurde als Ausdruck von Stärke dargestellt. Letztlich ist es ihr Leben, und sie soll selbst entscheiden, was sie akzeptiert und was nicht.
● Besonders bewegende Aussagen oder Geschichten:
Viele Frauen nannten Ungerechtigkeit, “Frauenrechte nur auf Papier“, fehlende Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, Armut, finanzielle Abhängigkeit sowie Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursachen für Gewalt in der Familie. In diesem Zusammenhang wurde besonders betont, wie wichtig Bildungsangebote und sinnvolle Freizeitbeschäftigungen für Frauen sind.
● Rückmeldung zur Kinderbetreuung:
Für die Kinder der Teilnehmerinnen stand während des gesamten Workshops eine qualifizierte Betreuungsperson zur Verfügung, die sich um sie kümmerte. Die Mütter zeigten sich sehr begeistert von dieser Möglichkeit und waren zufrieden, dass ihre Kinder gut aufgehoben waren, Spaß hatten und ihnen somit kein Hindernis bei ihrer Weiterbildung darstellten.
● Rückmeldung zur Übersetzung (Verständlichkeit, Qualität):
Für die Übersetzung während des Workshops war die Leiterin, Frau Ayobi, zuständig, die unter anderem über langjährige Erfahrung als Dolmetscherin verfügt. Dadurch konnten die Gespräche zwischen der Expertinnen, Frau Mag.a Rösslhummer und Frau Jurik, und den Teilnehmerinnen problemlos stattfinden.
Organisatorische Einschätzung:
● Welche Verpflegung wurde angeboten:
Jause und Mittagessen
● Besondere Herausforderungen (z. B. verspätete Ankunft, Sprachbarrieren, emotionale Belastung):
Verspätungen wegen Busplan am Wochenende, Redebedarf der Teilnehmerinnen, sehr emotionales Thema für manche Teilnehmerinnen. Während des Vortrags mussten wir mehrere Pausen machen, da einige Teilnehmerinnen sehr emotional wurden.
